Lieber calculator:
Ich nehme an, wir sind einander noch nie persönlich begegnet, so dass du dir kein Bild von meiner Person machen konntest. Ob du mir glaubst oder nicht, ich bin nicht der Typ, der einfach irgend eine Behauptung ohne jegliche Grundlage in den Raum stellt.
Wie überall auf dieser Welt ist man auch an der Universität vor allem an Mitarbeitern interessiert, die genau das können, wozu man sie braucht, nicht weniger und im Idealfall auch nicht mehr, und bereit sind, für möglichst geringe Entlohnung zu arbeiten.
Wie du selbst schreibst, stellt eine Hochbegabung im Sinne eines hohen Intelligenzquotienten alleine noch keine Qualifikation dar. Sie ermöglicht es aber demjenigen, der über sie verfügt, sich relativ rasch in für ihn neue Materie einzuarbeiten, auch wenn sie kompliziert ist. Traurig ist aber, dass ich als Student kein Interesse von seiten irgend welcher Professoren wahrnehmen konnte, sich mit einem hochbegabten Studenten zu beschäftigen und ihn auszubilden, damit er etwas aus seiner Begabung machen kann. Anders gesagt, Hochbegabte werden an der Universität nicht gefördert. Die Uni ist in Österreich ein Massenbetrieb, und jeder ist auf sich selbst gestellt und muss selbst zusehen, dass er im System weiterkommt.
Arbeitgeber haben in der Regel ein Profil und suchen sich ihre Mitarbeiter danach aus, wie sehr sie diesem Profil entsprechen.
Arbeitgeber sind hingegen in der Regel nicht daran interessiert, einen Menschen in seiner ganzen Individualität als Person kennen zu lernen und dann mit ihm gemeinsam zu ergründen, für welche Tätigkeit er am besten geeignet wäre, oder einen Karriereplan auszuarbeiten.
Ich persönlich hatte das Glück, durch einen Verein einen habilitierten Mediziner und Pharmazeuten kennen zu lernen, der bereit war, sich als Mentor mit mir zu beschäftigen. Wir entwickelten ein freundschaftliches Verhältnis und brachten mehrere gemeinsame Publikationen in "peer-reviewed journals" heraus.
Wenn ich schreibe, dass man an der Uni nur ein äußerst geringes Interesse hat, Hochbegabte als Mitarbeiter zu gewinnen, dann spreche ich nicht nur aus meiner eigenen Erfahrung, sondern auch aus der, die mein Freund und Mentor gemacht hat, denn er war selbst hochbegabt und hat in seiner akademischen Karriere immer wieder (seiner Meinung nach wegen dieser Hochbegabung) Benachteiligungen erlitten.